SAISON 2014
Nach der Einstimmung im Jahr 2013 sollte 2014 meine erste komplette Ultralauf-Saison werden. Der Ablauf der Saison war so geplant, dass ich mit dem kürzesten Lauf beginne und mit dem längsten Lauf beende. Daher steigerte ich mich von 6h über 12 Stunden bis 24 Stunden, wobei diese Läufe eigentlich dennoch als reine Vorbereitungsläufe für die 2 Saisonhighlights den "Dirndltal Extrem Ultramarthon" und den "Wien Rundumadum" gedacht waren. Zwischendurch schob ich dann noch den "Stanzer Trailrun" ein. Alles in allem eine gelungene Saison, in der ich viel Erfahrung für alle kommenden Projekte und Herausforderungen sammeln konnte.
6H-BENEFIZLAUF LASSEE / 2014
Datum: 05.04.2014
Rundenlänge: 1,9 km
Streckenbeschaffenheit: 100% Asphalt
zurückgelegte Distanz: 54,78558 km
Link: www.lasseer-benefizlauf.at
Der Lauf war von Anfang an zum Austesten der beim ersten Ultralauf aufgetretenen Probleme gedacht. Zum einen habe ich ein bedeutend langsameres Anfangstempo gewählt und auch ganz bewusst darauf geachtet dieses auch konstant zu halten und mich nicht in der anfänglichen Euphorie mitreißen zu lassen. Zum Anderen habe ich auf die Ernährung geachtet. Regelmäßig Aufnahme von gewohnte Nahrungsmitteln war die Devise. So konnte ich ohne an die Grenzen meiner Leistungsfähigkeit zu gehen eine neue persönliche Bestleistung aufstellen.
12H-LAUF VOGAU / 2014
Datum: 17.05.2014
Rundenlänge: 1,82962 km
Streckenbeschaffenheit: 100% Asphalt
zurückgelegte Distanz: 72,1848 km
Link: www.12stundenlauf.at
Bereits im Vorfeld stand das Antreten bei diesem Lauf unter keinem guten Stern. Am Tag vor dem Bewerb hatte ich am Morgen aus heiterem Himmel eine Schwellung im rechten Mittelfuß. Diese war so schmerzhaft und unförmig, dass ich kaum in einen Schuh steigen konnte - geschweige denn laufen. Gegen jegliche Vernunft reiste ich nach Vogau an, mit dem fixen Vorsatz auf alle Fälle zu starten. Schließlich kann man ja jederzeit aufhören. Am Samstag morgen war es mir dann zumindest möglich meine Laufschuhe schmerzfrei zu schnüren. An einen stilistisch einwandfreien und effektiven Laufstil war jedoch dennoch nicht zu denken. Nichts desto trotz stand ich am Start - und siehe da nach einigen Runden ging es dann auch schon immer besser. Der Fuß sah zwar noch immer schrecklich aus, aber zumindest die Schmerzen waren für den Moment weg. So ging es Runde für Runde leichter von der Hand (oder vom Fuß). Leider hat dieses Gefühl ein wenig getäuscht, denn nach 10 Stunden hat sich ein durch den ungewohnten Laufstil in Mitleidenschaft gezogenes Knie- und Hüftgelenk bemerkbar gemacht. Die grundsätzliche Entscheidung, dass der 12h-Lauf nur als Vorbereitung für noch längere Belastungen gedacht war hat dann die Entscheidung den Lauf bereits nach 10 Stunden und 40 Minuten zu beenden etwas leichter gemacht. Schließlich wollte ich mir den Fuß nicht vollständig ruinieren.
24H-LAUF IRDNING / 2014
Datum: 05-06.07.2014
Rundenlänge: 1,21775 km
Streckenbeschaffenheit: 100% Asphalt
zurückgelegte Distanz: 121,775 km
Link: www.24h-lauf.at
Der Lauf wird bei wunderschönen Wetter gestartet. Mein Fuß war einigermaßen erholt. Der Test konnte also beginnen. Mit moderatem und konstanten Anfangstempo ging es in die ersten Runden. Schon nach 2,5 Stunden begann aber schon wieder der Fuß zu rebellieren. So musste ich schon früh einen ersten Schuhtausch durchführen. Mit den neuen Schuhen ging es dann besser. Runde für Runde wurde in einem konstanten Tempo und mit regelmäßiger Nahrungsaufnahmeabgespult. Die hauptsächlichen Schwierigkeiten waren auf die Hitze und den bei einem 24h-Lauf unumgänglichem Schlafentzug verbunden. Insgesamt 2 x 45 min Schlafpause waren die notwendige und logische Konsequenz. Nach 21 Stunden und 30 Minuten beendete ich meinen letzten Testlauf vor dem geplanten Saisonhighlight - den "Dirndltal Extrem Ultramarathon".
DIRNDLTAL EXTREM ULTRAMARATHON / 2014
Datum: 02.-03.08.2014
Distanz: 111 km
Höhenunterschied: +/- 5.000 m
Link: http://www.dirndltalextrem.com
Rennbericht
Für meinen Einstieg in die echte Trailrunning Szene habe ich mir gleich einmal eine echte Herausforderung ausgesucht. Schon das Streckenprofil und die Berichte der vergangenen Jahre haben mir so richtig imponiert. Außerdem wollte ich einmal etwas anderes erleben als unzählige Runden im Kreis laufen. Mit dem Wissen der wegfallenden Sicherheit, dass man in jeder Runde aufhören kann habe ich dann erstmals eine gewissenhafte Rennvorbereitung (-und da meine ich jetzt nicht das Training) gestartet.
So habe ich aus dem Kartenmaterial versucht herauszulesen wann man sinnvollerweise Trail- bzw. Straßenlaufschuhe verwenden könnte. Anhand von hochgerechneten Durchgangszeiten wurde das weitere technische Equipment (Stirnlampe, Wechselgewand, ...), so wie die Verpflegung in die einzelnen "Drop Bags" untergebracht.
Die Anreise war unspektakulär und die Vorfreude riesengroß. Schon beim Eintreffen hat man viele bekannte Gesichter gesehen. Die Stimmung war super und auch das Kennenlernen von unbekannten Sportsfreunden war eine sehr schöne Randerscheinung. Das verpflichtende Läuferbriefing war unkompliziert und sehr kurzweilig. Nach Erhalt der letzten Informationen und durch die "Pasta-Party" perfekt gesättigt ging es dann zu Bett.
Am großen Tag wart schon sehr frühes Aufstehen angesagt - der Start sollte um 06:00 Uhr erfolgen. Mit einem einfachen Frühstück mit Kuchen, Müsliriegel und (viel) Kaffee konnte ich für mich eine "optimale" Ausgangsposition schaffen.
Punkt 06:00 Uhr erfolgte das Startsignal. Vom Start weg war es natürlich wie immer - ich bin viel zu schnell im Feld mitgelaufen. Auf den ersten 10km bis Hofstetten gab es keine wirklich schwierigen Teilstücke und so war ich bereits nach 67min bei CP1.
Mit fortlaufender Strecke kamen auch immer anspruchsvollere Steigungen und auf Teilstück 3 mit dem Grüntalkogel auch den ersten echten "Berg". Mit fortschreitender Zeit wurde es auch von den Temperaturen immer extremer. Bei Teilstück 4 und einem Anstieg in der direkten Mittagssonne bekam man das so richtig zu spüren. Dennoch kam ich zügig voran und erreichte mit einer guten Stunde Vorsprung auf meine persönliche "Marschtabelle" den CP5 im Schwarzenbach. Damit war nach 8h55min und 61km bereits mehr als die Hälfte geschafft - wie sich später herausstellte zu mindestens von der Strecke, aber nicht von der Zeit.
Planmäßig hatte ich mich nun auf eine längere Pause eingestellt, denn die Schlüsselstellen im Streckenverlauf waren für die nächsten 2 Teilstücke (und 13km) angesagt. Nun musste ich auch feststellen, dass nicht immer alles so leicht ist wie man sich vorstellt. Compressionsstutzen tauschen wenn die Füße schweißnass sind ist eher eine komplizierte Angelegenheit. Nach einer ausgiebigen Nahrungsaufnahme, in frischem Gewand und voll motiviert machte ich mich wieder auf den Weg.
Ich wußte, dass der Anstieg zum Eisenstein wohl eine harte Phase werden würde, doch es kam definitiv noch viel schwerer. Quer über Kuhweiden ging es steil bergan. Die Sonne stand hoch am Nachmittagshimmel und tat noch das Ihre dazu. Nach knappen 2 Stunden hatte ich die 6km mit 750hm überwunden. Damit war der gesamte Vorsprung auf die Marschtabelle aufgebraucht. Unter Rücksichtnahme auf die noch kommende Etappe war mir klar, dass die angepeilte Endzeit von 18 Stunden nun nicht mehr halten wird. Nach einem kurzen alkoholfreien Bier in der Nachmittagssonne ging es weiter.
Doch auch der Abstieg in Richtung Gscheid gestaltete sich schwieriger als gedacht. Der Weg war teilweise schmal und verwachsen, weswegen ich neuerlich nicht so schnell voran kam wie gedacht. Erschwerend dazu kam nun, dass meine GPS-Pulsuhr defekt wurde und ich von nun an nicht mehr wusste bei welche Distanz ich mich befand. Das Navigationsgerät hingegen tat "Gott sei Dank" noch seinen Dienst. Die Steigung zum Hohenstein war dann zwar nur mehr halb so wild als wie gedacht, dennoch benötigte ich für das siebente Teilstück (7km) rund 2 Stunden. Somit war ich beim CP7 mit rund einer Stunde Verspätung zu meinem Plan.
Nach einer neuerlichen Verschnaufpause folgte nun eine Etappe auf einem Fahrweg. 9,5km nur bergab. Da konnte man es teilweise wirklich wieder "laufen lassen". Knapp vor dem CP8 überholte ich einen Läufer (... das war mir zu diesem Zeitpunkt schon länger nicht mehr gelungen). In Anbetracht der Herannahenden Dunkelheit haben wir dann beschlossen die nächsten Kilometer gemeinsam zu bewältigen.
Gemeinsam mit Wolfgang kam ich dann wieder voran und die Zeit verging ebenfalls sehr schnell. So "plauderten" wir uns über das neunte Teilstück bis nach Gaiseben. Kurze Verpflegung und schon ging es weiter. In der Zwischenzeit musste ich auch feststellen, dass sich auch der Schlafentzug bemerkbar machte. Wie wir feststellen mussten ist es zwischen Kühen die in der Nacht auf der Weide schlafen und Stirnlampen von Läufern die sich einbilden mitten in der Nacht genau eine solche Weide überqueren zu müssen nicht unbedingt Liebe auf den ersten Blick. Da kann es dann schon sein das die lieben Tierchen etwas aggressiv reagieren. Da war ich dann sehr froh, dass ich nicht alleine unterwegs war.
Wie bereits erwähnt hatte auch der Schlafentzug schon seine Spuren hinterlassen und so kam es, dass wir uns auf der 10. Etappe einmal "kurz" auf ein Bankerl setzten. Als wir dann bei CP10 eintrafen stellte ich fest, dass uns eine glatte Stunde auf die theoretische Ankunftszeit fehlte. Da dürften wir wohl tatsächlich im Sitzen auf der Bank eingeschlafen sein. Das war uns aber gar nicht mehr so wichtig - es zählte nur mehr Eines: "FINISHEN!"
Nach einer letzten kurzen Verpflegungspause ging es auf die aller letzten 8,5km. Motiviert und dadurch auch etwas flotter unterwegs ereilte uns ein Missgeschick welches wir zum Glück recht schnell erkannten. Einmal nicht gut aufgepasst und eine Markierung übersehen und schon ist man falsch, oder auch fälschlicherweise nicht, abgebogen. Auf diesem Kilometer Umweg schafften es dann tatsächlich noch 2 Läufer uns zu überholen. Wir sahen zwar die Lichter vor uns, schafften es aber nicht näher zu kommen.
Nach 21 Stunden 30 Minuten und 30 Sekunden konnte ich meinen ersten Ultratrail beenden. Gemeinsam mit Wolfgang erreichte ich das Ziel. Auch für Ihn war es ein Genuss, denn noch im Jahr davor musste er verletzungsbedingt aufgeben.
Abschließend muss man sagen auch wenn ich das ursprüngliche Ziel von 18 Stunden nicht erreichen konnte war es ein starkes Rennen und die Erfahrungen die ich bei diesem Event sammeln durfte werden bei künftigen Bewerben von unschätzbaren Wert sein.
WIEN RUNDUMADUM / 2014
Datum: 01.11.2014
Distanz: ca. 124 km
Höhenunterschied: ca. +/- 1.500 m
Link: www.wien-rundumadum.at
Für das letzte Ultrarennen der Saison standen die Vorzeichen einigermaßen neutral mit leichter Tendenz zum Idealzustand. Das Training in den vergangenen 3 Wochen war gut, die Sehnenentzündung im Mittelfuß (welche ich mit 2 Tage vor dem 12 Stundenlauf in Vogau zugezogen hatte) soweit auskuriert und auch das Tapering in den 2 Wochen vor dem Lauf war angenehm verlaufen. Einzig eine Verkühlung in der letzten Woche vor dem Event hat mich leicht nervös gemacht - sollte aber eigentlich auch (durch viel Schlaf und zwei Saunabesuche) soweit abgeklungen sein.
Als kleiner Unsicherheitsfaktor konnte allerdings die erstmalige Austragung auf einer für alle Teilnehmer quasi unbekannten Strecke mit einem jungen aber höchst motovierten Organisationsteam gewertet werden. Der endgültige Streckenverlauf mit der fixierten Distanz wurde erst knappe 2 Wochen vor dem Event festgelegt und veröffentlicht. Waren 120km angekündigt so wurde die Strecke nun auf 124km ausgedehnt - wobei ab dem nächsten Jahr mit 130 bis 134km zu rechnen sein wird.
Die Startnummernabholung und auch die verpflichtende Kontrolle der Ausrüstung konnte bereits am Freitag absolviert werden. Daher war es möglich nochmals eine ruhige und etwas längere Nacht zu verbringen und am nächsten Tag stressfrei und mit positiver Anspannung erst relativ knapp zum ebenfalls verpflichtenden Briefing 30 Minuten vor dem Start zu erscheinen. Nach den letzten Erklärungen zu Reglement, Streckenführung und Markierung zeigte die Uhr bereits 10 Minuten vor Sieben. Da blieb gerade noch Zeit einige bekannte Läufer zu begrüßen um sich dann hinter der Startlinie zu versammeln. Es war ein bunter Haufen von ca. 115 Langdistanz-, ca. 60 Kurzdistanz- und 10 Staffelläufer, die allesamt stressfrei und sehr spaßig unterwegs waren.
Um Punkt Sieben ertönte das Startsignal und der Pulk setzte sich in Bewegung. Wie auch bei Ultras üblich war das Anfangstempo der Masse recht hoch. Auch wenn ich mich von Beginn an mit einem Freund (Christian) von Beginn an zurückfallen ließ, so gingen auch wir mit 06:12 bis 06:45 min/km für die Distanz doch recht flott in das Rennen.
Nach rund 500m erreichten wir den Marchfeldkanal dem wir von nun an in Richtung Donau folgten. Unser geringeres Anfangstempo sorgte recht schnell dafür, dass wir uns ziemlich am Ende des Feldes wiederfanden. Nach knapp 6 km schwenkte die Strecke an der Donau in Richtung Süden ein. Nach einem weiteren Kilometer wechselten wir auf die Donauinsel wo bei KM 8 der erste Fotograf seinen Dienst verrichtete.
Der weitere Streckenverlauf verlief dann entlang von meinen "Haus- & Hof-Strecken", die durch das jahrelange Training mit dem Ausgangspunkt 20. Bezirk eigentlich ein sehr gutes "Aufwärmen" für die noch vor uns liegenden Aufgaben lieferte. Beim Nordsteg verabschiedeten sich die Kurzdistanzläufer, deren Strecke weiter auf der Donauinsel gleich direkt in die Lobau führte. Für alle Langdistanzläufer ging es über den Nordsteg, Donaukanalsteg, Nussdorfer Bahnhof und die Kuchelau recht zügig bis KM 14 in das Kahlenbergerdorf (Durchgangszeit 01:32:13 --> entspricht einem Durchschnitt von 06:35 min/km);
Ab hier folgte die erste grosse Herausforderung - der Nasenweg (knapp 1,2km lang und ca. 250hm) hinauf auf den Leopoldsberg. Aufgrund der Unterschiedlichen Zielsetzung von Christian und mir trennten sich nun unsere Wege. Während ich mit einem Handgriff die Stöcke vom Rucksack fischte um den Berg zügig zu erklimmen, wollte es Christian entsprechend gemütlich und Energieschonend angehen. Aufgrund des mehrmaligen Trainings auf diesem Abschnitt und der entsprechenden Vorbereitung konnte ich beim Anstieg Boden auf all jene gut machen, welche die ersten 14km definitiv zu schnell angegangen sind. Nach und nach überholte ich Läufer. Nach sehr guten 12:53 min/km und einer Gesamtzeit von 1:45:06 kam ich bei CP1 (KM 15,2) am Leopoldsberg an.
Die Jacke konnte endlich im Rucksack verschwinden, da sich die Sonne durch den Nebel gekämpft hatte und nun angenehme, ja nahezu perfekte Temperaturen herrschten. In Richtung dem nächsten Teilziel - der offiziellen Verpflegungsstation bei KM 27,3 - konnte ich weiters auf meine Steckenkenntnis vertrauen. über die Josefinenhütte ("Die Hütte am Weg", Waldseilpark Kahlenberg), den Kahlenberg, die Stefaniewarte, Schönstatt, Kreuzeiche und Jägerwiese ging es weiter zum Grüass Di a Gott Wirt.
In diesem Streckenabschnitt (bei KM 21) lief ich auf eine Claudia auf. Die nächsten Kilometer liefen wir dann in einem Zweierteam - weiter über das Häuserl am Roan und Hameau - ab KM 25,3 ging es zum ersten Mal seit längerem wieder dauerhaft bergab und so erhöhten wir auch in Richtung Schwarzenbergpark wieder unser Tempo von 08:00 min/km auf 06:45 min/km. An einem Wegweiser geradeaus vorbei und schon hatten wir uns verlaufen. Aufgrund des Reglements war das kreuzen querfeldein durch den Wald eine Möglichkeit, da diese Wegführung die Strecke definitiv nicht verkürzte (und natürlich auch das Tempo nicht beschleunigte). Damit war der Schwung fürs erste gleich mal wieder heraus, was aber in Anbetracht der gleich erreichten Verpflegungsstelle nicht relevant war. Erste Verpflegungsstelle/Zweiter Checkpoint: Startkarte abstempeln, Essen & Trinken weiter geht es.
Claudia war ein Eck schneller, und so kam es, dass ich das Rennen vorerst alleine fortsetzen musste. Auch kam orientierungsmässig erschwerend hinzu, dass ich die nun verbleibenden 97km nicht wirklich kannte, sondern nur von der Landkarte. Über die Marswiese, den Hanselteich und den Schottenhof gab es am völlig durchnässten und durch Mountainbiker zerstörten Weg die erste große Schlammschlacht, welcher noch so einiges folgen sollte. Bei KM 29 überholte ich einen Staffelläufer, der aber so langsam unterwegs war, dass sich ein gemeinsames Laufen schlichtweg nicht anbot. Vorbei an der Kreuzeichenwiese und der Jubiläumswarte ging es dann bergab zur Feuerwache Steinhof. Dort - bei KM 32,6 - wartete bereits meine persönliche Versorgungsstation zwecks Vorräte im Rucksack auffüllen und Schuhe umziehen.
Nach kurzem Stopp schloss ich mich einer Gruppe an, welche ich am Aufstieg zum Kahlenberg überholt hatte, aber welche nun wieder ein höheres Tempo zu laufen schien. Bergab Richtung Hütteldorf wollte ich sehen ob das Tempo für den nächsten Streckenabschnitt geeignet wäre - und siehe da es passte wunderbar. So kam es, dass eine Gruppe mit gut 8 Läufern bergab ganz schön aufs Tempo drückte und auch bereits bald in Hütteldorf ankam. Quer über die Linzerstrasse in Richtung Bahnhofsgebäude preschte die ganze Truppe. Eine Markierung die genau vor dem Bahnhof-Hauptportal geradeaus zeigte stoppte und sorgte kurzfristig für Verwirrung. Nach kurzer Kontrolle auf der Karte und dem Navigationsgerät ist klar - die Strecke führt genau durch das Bahnhofsgebäude. Unter den erstaunten Blicken der Bahnkunden "schossen" wir dann sicher recht komisch zum Ansehen und auch sicher nicht mehr ganz "geruchsneutral" durch die Halle und weiter quer über die Brücke direkt in die Auhofstrasse. Die nächsten 10km dürften - so viel war aus der Landkarte zu lesen - der technisch anspruchsvollste Streckenabschnitt werden. Es wartete die Umrundung des Lainzer Tiergartens - außen entlang der Mauer. Das Wiental hinaus wälzte sich unsere Gruppe unaufhaltsam mit Kilometerzeiten zwischen 06:45 und 08:00 min/km. Die Unterhaltsamkeit in der Gruppe machte selbst die langweilige Streckenführung des Wientals erträglich und so erreichten wir bei KM 40, 3 den Checkpoint 2 (Auhof; Durchgangszeit 5:23:53).
Nun war ich mit Abstempeln, Essen & Trinken sowie Stöcke auspacken mit Abstand der schnellste und so beschloss ich die Steigung der nächsten 5km und ca. 400hm alleine in Angriff zu nehmen. Bereits bei den ersten leichten Anstiegen über die Felder konnte ich neuerlich einen Läufer einholen, der aber bereits größere Probleme mit Steigung und Tempo zu haben schien. So ging ich an Ihm vorbei um auch weiterhin mein Tempo zu machen.
Bei KM 45 lief ich neuerlich auf Claudia auf und so ergab es sich, dass wir neuerlich ein Stück der Strecke gemeinsam zurücklegten. Zu Ihr hatte sich eine Radbegleitung gesellt, was in Anbetracht zu der auf den KM44 und 45 vorherrschenden Streckenverhältnisse (Gatsch und ca. 115hm/km) zu dem lustigen Effekt führte, dass Claudia und ich das Fahrrad der Begleitung den Berg hochschoben, während diese selbst zu Fuß noch sehr große Mühe hatte irgendwie an uns dran zu bleiben. Bei KM 45 war der höchste Punkt des Anstiegs - der Dreihufeisenberg (518m) erreicht. Von nun an ging es im Zweiergespann (mit Fahrradbegleitung) bis zur zweiten offiziellen Versorgungsstation bergab.
Exakt nach 07 Stunden 15 Minuten und 21 Sekunden erreichten wir das Gütenbachtor. Nun war eine erste längere Verpflegungspause von ca. 10 Minuten geplant. Gestärkt, ausgeruht und auch weiterhin im Zweiergespann machten wir uns auf den Weg Richtung Halbzeit, wo auch meine zweite persönliche Verpflegungsstation auf mich wartete. Nachdem wir ca. 3 km der Gütenbachstrasse bergab gefolgt waren, schwenkten wir in Kalksburg in den Liesingbach ein. Dieser sollte für die nächsten 10km unser Begleiter sein. Zu zweit war auch diese schöne aber nicht sehr ereignisreiche Strecke recht kurzweilig zurückzulegen und wir erreichten die Hälfte der Distanz in der Zeit 08:36:01. Damit waren klar - mein Ziel von 18 Stunden dürfte trotz sehr gutem Rennverlauf nicht erreichbar sein. Was mir durch den bisherigen Rennverlauf und meiner positiven Stimmung nichts ausmachte. Ich hatte vor, das Rennen auch weiterhin zu genießen und am Ende zu sehen welche Zeit herausschauen würde. Bei Kilometer 63 (2. persönliche Verpflegungsstation) trennten sich die Wege von Claudia und mir erneut.
Ich packte Schnell den Rucksack um und zog mir nun die Strassenlaufschuhe an. Just in diesem Moment kam neuerlich die große Gruppe mit der ich schon zwischen der Feuerwache Steinhof und Auhof unterwegs war des Weges. Spontan beschloss ich mich neuerlich Ihnen anzuschließen. Kurzerhand vergaß ich darauf auch gleich auf Langes Laufgewand umzusteigen, was sich bei KM70 dann als schwerer Fehler herausstellen sollte - denn noch war es in der Nachmittagssonne warm, aber der Tag war weiter fortgeschritten als ich in diesem Moment bedachte. Nachdem ich diese Gruppe noch schnell mit Cola verpflegt hatte ging wieder weiter. über den Wienerberg (Checkpoint 3) und den Laaerberg in Richtung Zentralfriedhof.
Bei KM 71 ereilte uns der Sonnenuntergang und mit einem Schlag wurde es bitter kalt. Und nun wurde mir klar, welchen Fehler ich bei der letzten Versorgung gemacht hatte. Die Muskeln kühlten schnell aus und nun begann erstmals wirklich jede Bewegung zu schmerzen. Trotz der Begleitung der ganzen Gruppe bekam ich nun meine erste (und in diesem Lauf auch einzige) mentale Krise. Jeder Schritt wurde zur Qual und kurzer Hand entschied ich meinen persönlichen Betreuer anzurufen um den nächsten Versorgungspunkt vorzuziehen. An ein weiterlaufen bis KM95 war in der kurzen Montur nicht vorstellbar. Schweren Schrittes erreichte ich die dritte offizielle Versorgungsstation bei KM71. Gott sei Dank gab es warme Suppe, die meinen Muskeln wieder ein wenig Kraft und Wärme zuführte. Nach einem kurzen Telefonat war klar - mein persönlicher Betreuer hatte besser mitgedacht als ich und wartete bereits zwei Kilometer weiter - beim Haupttor des Zentralfriedhofes auf mich. Nach kurzer Verpflegungspause machte sich die verkleinerte Gruppe (2 Läufer stiegen aus) quer durch Simmering auf.
Bei KM75 liess ich Sie schweren Herzens ziehen und konnte nun endlich in warme Laufbekleidung schlüpfen. Nach ca. 10 Minuten konnte auch ich mich aufgewärmt und gut "verpackt" wieder auf die Strecke begeben. Zu diesem Zeitpunkt rechnete ich damit, dass ich wohl den Lauf alleine zu Ende laufen müsste, da ich nicht annahm auf der verbleibenden Strecke auch nur irgendwen einholen zu können.
Der Weg durch Simmering in Richtung Freudenau war zwar aus Läufersicht keine Offenbarung, aber durch die wiedergewonnene Körperwärme wurden die Beine wieder leichtgängiger und auch die mentale Verfassung veränderte sich wieder positiv. So kam ich auch im Alleingang ganz gut voran. Nach nochmaligem kurzen Check der Ausrüstung bei KM 79 durch meinen persönlichen Betreuer wechselte ich über das Kraftwerk Freudenau auf die Donauinsel.
Der Nebel und die Dunkelheit liessen im Zusammenspiel mit der Stirnlampe nun sehr geringe Sichtweiten zu. Jedoch konnte ich einige 100m hinter mir einen Läufer erahnen. Es war aber nicht erkennbar ob er schneller lief als ich. Bis KM 82,5 verlief die Strecke nun auf der Donauinsel bis zur Steinspornbrücke. Bei KM 81,5 war dann der Läufer auf einmal da - allerdings nach einem kurzen "Hallo" war er auch schon wieder verschwunden - aber überholt hatte er mich nicht! Beim überqueren der Steinspornbrücke hörte ich dann auf einmal laute Stimmen und beim Näherkommen bei CP4 (KM83) sah ich schon einige Stirnlampen. Bei CP4 angekommen traf ich wieder auf die größere Gruppe, die sich eben auf 2 Personen reduziert hatte, da einige Läufer ausstiegen.
Die verbleibenden beiden Läufer, von denen einer schon recht langsam, der andere aber noch recht flott unterwegs war, wussten auch über den (geheimnisvollen) Läufer auf der Donauinsel Bescheid. Dieser gehörte zu Ihrer Gruppe und hatte zwischendurch Probleme - sich nun aber wieder erfangen. Wir liefen zu Dritt langsam weiter um dem nachfolgenden Läufer die Möglichkeit des Aufschließens zu geben. Dieser erreichte uns bei KM 84. So ging es nun vorerst zu viert weiter, was in Anbetracht der vor uns liegenden Strecke durch die Lobau ein wahrer Segen war. Selten war ich in so einem "dunklen Nichts" unterwegs und auch die restliche Strecke konnte aus damaliger Sicht kaum als attraktiv eingeschätzt werden. Nach einem weiteren gemeinsamen Kilometer (bei KM 85) beschlossen wir die Gruppe in zwei Zweierteams aufzuspalten - da den schnelleren Läufern das langsame Tempo zu langsam aber den langsameren Läufern das schnelle Tempo zu schnell war. So bildete sich die langsamere Gruppe mit Mike und Roman und die schnelle Gruppe mit Walter und mir.
So machten sich Walter und ich schnellen Fußes durch die Lobau. Gegenseitig motivierten wir uns und angetrieben durch die unglaubliche Finsternis des Auwaldes steigerten wir unser Tempo auf 8:00 min/km. Als einziges Highlight in der großen Einsamkeit in der Lobau können wir die Sichtung einer riesigen Eule vermelden. Diese war wirklich beeindruckend. Wir kamen gut voran und nach nicht einmal 1,5 Stunden hatten wir das Ende der Lobau und somit Verpflegungsstation 4 (KM 95; Durchgangszeit ca. 14:14:00) erreicht. Dort machten wir nochmals eine etwas längere Verpflegungspause. Mein persönlicher Betreuer war ebenfalls nochmals Vorort um einen eventuellen Bedarf an Verpflegung und Bekleidung abzuchecken. Nach einem Würstel mit Senf und Semmel ging es dann weiter.
Obwohl es keiner von uns beiden aussprach hatten wir wohl insgeheim beschlossen den Lauf gemeinsam zu beenden - denn erstens wollte keiner riskieren den Osten von Wien alleine zu umrunden und zweitens klappte es mit unserem Tempo ganz gut. Zu guter Letzt haben wir uns ja auch permanent gut unterhalten. So ging es auch weiterhin zügig voran - größtenteils im Laufschritt, selten gehend (nur wenn die Orientierung oder die Wegbeschaffenheit es verlangte). Bei KM 102 konnten wir neuerlich 2 Läufer Josef und Martin überholen, was uns natürlich weiter motivierte. Wir waren noch immer mit einem Tempo von 8 bis 9 min/km unterwegs. Noch erstaunlicher war allerdings, dass wir ca. bei KM 105 auf 2 weitere Läufer (Olivera und Florian) stießen, die sich dann auch mit uns zusammenschlossen.
Den Checkpoint 5 (Km 109, Süssenbrunn) erreichten wir nach 16 Stunden 22 Minuten 40 Sekunden. Nach kurzem Abstempeln der Startkarte und ging es zügig weiter zum letzten Versorgungspunkt 5, der quasi gleich ums Eck lag (KM 110,6). Bei diesem Versorgungspunkt warteten ebenfalls noch die Betreuer von Claudia - diese hat sich in der Lobau verlaufen und war erst eine gute Stunde nach uns an der Esslinger Furt.
Nach neuerlicher Grundverpflegung machten wir uns zu viert auf die letzten 15 Kilometer. Gleich nach der Versorgungsstation holten wir erneut einen Läufer (Manfred) ein, der es ebenfalls probierte sich in unsere Gruppe einzugliedern. Doch bereits nach kurzer Zeit musste er zur Kenntnis nehmen, dass unsere Vierergruppe doch ein wenig zu stark unterwegs war. Wir legten zu diesem Zeitpunkt Kilometerzeiten um die 08:00min/km auf die Strecke. Daher musste er uns ab KM 112 ziehen lassen. Bei Km 114 schwenkten wir neuerlich auf den Marchfeldkanal ein. 10km vor dem Ziel gab es für uns nun fast kein halten mehr. So kam es, dass wir das Tempo für KM115 und 116 auf knappe 07:00 min. steigern konnten. So nahe am Ziel und doch noch so fern - denn wie wir wussten stand uns noch eine kleine "Bisambergschleife" (mit ca. 100hm) bevor.
Genau bei KM 116 bog der Weg in Richtung Bisamberg ab. Unter Rücksichtnahme auf das was noch auf uns wartete drosselten wir das Tempo erneut um die letzte große Steigung in Angriff zu nehmen. Wir vereinbarten folgende Taktik: "Bergauf wird gegangen, in der Ebene gejoggt und bergab gelaufen". Das funktionierte soweit ganz gut, hatte aber seine Tücken. In der Dunkelheit war teilweise nicht wirklich zu erkennen welche Neigung wir gerade vor uns hatten. Daher beschlossen wir ganz einfach, dass die gesamte verbleibende Strecke eben bis leicht abfallend sei. Das führte nun neuerlich zu einer Temposteigerung, so dass die KM 118 und 119 (jene mit der meisten Steigung dennoch in ca. 08:30 min/km zurückgelegt werden konnten. Für die Beine war das wie bereits auf den vergangenen Streckenabschnitten kein großer Unterschied, denn gehen und laufen verursachte das gleiche Gefühl (Schmerzen - oder so was ähnliches!).So erreichten wir den letzten Checkpoint bei 119km genau nach 18:03:00.
Nach einem letzten Traubenzucker und einem letzten Schluck aus der Trinkflasche hieß es ganz klar: "Von nun an geht es bergab" - es waren noch exakt 5,2km ins Ziel! Hochmotiviert und mit einem Tempo von 07:00 min/km "rollten" wir die Stammersdorfer Kellergasse hinunter, ehe wir bei KM 121 nochmals wegen der Wegbeschaffenheit (der Weg führte uns quer über ein Feld entlang einer Traktorspur ? das konnte man ja fast nicht Weg nennen!) das Tempo nochmals drosseln mussten.
Niemand von uns vieren wollte eine Verletzung auf den letzten 3km riskieren. Nach gut einem Kilometer hatten wir diese letzte Hürde hinter uns gelassen und bogen ein letztes Mal auf den Weg entlang des Marchfeldkanales ein. Mit einem Schlag waren wir wieder auf einem schönen breiten Radweg angelangt, der uns bereits die ersten Kilometer unserer Strecke begleitete (aber natürlich in der anderen Richtung). Unverzüglich verfielen wir wieder in unsren Laufschritt. Der letzte Kilometer sollte zu einem unbeschreiblichen und unvergesslichen Zeitraum werden. Das Tempo wurde auf 06:40min/km gesteigert (man will sich ja im Zieleinlauf keine Blöße geben!). Knapp 500m vor dem Ziel noch einmal rechts in die Häusersiedlung abgebogen, ehe wir beim Hintereingang des Ella Lingens Gymnasium die Laufbahn erreichten. Kurz noch aufgepasst, dass man nicht zu guter Letzt in die Sandgrube der Weitsprunganlage stürzt und die letzten Meter genossen. Das letzte was uns noch vom Ziel trennte war noch die Turnsaaltür (aufgrund der Außentemperaturen war das Ziel wirklich in den Turnsaal hineinverlegt worden).
Einmal drinnen fassten wir uns nochmals alle an der Hand und gemeinsam in der Gruppe die uns so grandios durch weite Teile der zweite Rennhälfte "trug" und natürlich unter den Anfeuerungen der noch anwesenden Zuschauer und Finisher ging es nach exakt 18 Stunden 48 Minuten und 57 Sekunden gemeinsam über die Ziellinie.
Es folgte die Medaillienübergabe und das offizielle Zielfoto. Im Anschluss daran ließen wir noch bei Chili con Carne und Cola gemeinsam mit anderen Finishern das Rennen revuepassieren. Unter Berücksichtigung des doch eher unerwartet schwierigen Rennens mit einer Ausfallsquote von knapp 50% mussten wir alle mit dem Rennverlauf und der erreichten Zeit sehr zufrieden sein!
Doch was wurde aus den Läufern die mich eine Zeit lang begleiteten bzw. die in der zweiten Rennhälfte überholt wurden:
Manfred (überholt ca. bei KM 112) hat auf die letzten 12 km ca. 34min länger gebraucht - Endzeit von 19h22min
Josef und Martin (überholt ca. bei KM 102) haben auf den letzten 22km ca. 51 min. verloren - Endzeit 19h39min
Claudia hat in der Lobau viel Zeit liegen gelassen und auf den letzten 40km rund 3h23min eingebüßt - Endzeit von 22h11min
Mike und Roman haben auf den letzten 39km ca. 3h37min. länger benötigt - Endzeit 22h25min